WIEN/JOSEFSTADT/ALSERGRUND.
Im Pygmalion Theater in der Alser Straße 43 wird ein fesselndes neues Stück aufgeführt, das die Welt der Psychoanalyse von Sigmund Freud auf die Bühne bringt. "Der Fall Dora" von Philipp Kaplan taucht tief in die Psyche der berühmten Ida Bauer ein, die unter dem Pseudonym "Dora" in Freuds Aufzeichnungen bekannt wurde. Mit einer beeindruckenden Besetzung und einer packenden Handlung verspricht dieses Theaterstück ein spannendes Erlebnis für die Zuschauer zu werden.
Der berühmte österreichische Neurologe und Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud, spielt eine entscheidende Rolle in diesem faszinierenden Theaterstück. Als Ida Bauer, besser bekannt als "Dora", beschließt, ihre Therapie bei Freud abzubrechen und seine Methoden als chauvinistisch zu entlarven, beginnt eine Patientin, sich solidarisch zu zeigen. Sie versucht, Ida Bauer gemäß Freuds Methoden zu analysieren, was zu einem spannenden Einblick in die Welt der Psychoanalyse und die Dunkelheit der menschlichen Psyche führt. Dieses Theaterstück erlaubt den Zuschauern, Freud und seine revolutionären Ideen aus nächster Nähe zu erleben.
Die Besetzung des Stücks umfasst Iris Schorscher in der Rolle der Patientin, Constantina-Elisabeta Vanca als Ida Bauer (oder "Dora") und Peter Austin-Brentnall als Ernst. Die Regie und Bühnengestaltung wird von Geirun Tino übernommen. Zusammen liefern sie eine beeindruckende Darbietung, die die Zuschauer in die fesselnde Welt von Freuds Psychoanalyse eintauchen lässt.
In "Der Fall Dora" werden die Protagonisten von der Vergangenheit des gleichnamigen Falls eingeholt, und die Zuschauer werden auf eine packende Reise durch die Tiefen der menschlichen Psyche mitgenommen. Mit einer Dauer von 1 Stunde und 20 Minuten, einschließlich einer Pause, bietet dieses Theaterstück ein unvergessliches Erlebnis, das die Faszination für die Psychoanalyse und das Werk von Sigmund Freud zum Ausdruck bringt. Tickets gibt es ab 10 Euro hier.
Marie |
Ingeborg MAMMERLER |
Tilling |
Philipp KAPLAN |
Allerdings |
Philipp LERNBAß |
Martha |
Constantina-Elisabeta VANCA |
Vater |
Reinhold GUGLER |
Franz |
Daniel GAVRIS |
|
Dramatisierung | Reinhold GUGLER |
Regie & Bühne | Geirun TINO |
"Opera Prima" – das professionelle Erstlingswerk – ist ein Konzept, das KünstlerInnen beim Einstieg in die professionelle Welt des Theaters fördert.
Es handelt sich um eine Plattform, die jungen KünstlerInnen, sei es aus dem Bereich des Schauspiels, der Regie, Bühnenbildnerei, Malerei, Dramatik/literarischen Tätigkeit, des Lichtdesigns, etc. ermöglicht, in der professionellen Theaterwelt künstlerisch wie wirtschaftlich Fuß zu fassen sowie zu bestehen.
Darüber hinaus steht die Plattform "Opera Prima" auch älteren KünstlerInnen zur Verfügung, welche sich wirtschaftlich noch nicht erfolgreich in ihrer Tätigkeit etabliert haben, und unterstützt diese dabei, sich neu am Arbeitsmarkt zu positionieren. Dadurch wird ihnen der Einstieg aus der No-Name-Welt auf eine professionell und wirtschaftlich namhafte Bühne ermöglicht.
Weiters bietet die Plattform "Opera Prima" für ÖsterreicherInnen mit Migrationshintergrund die Möglichkeit, sich künstlerisch zu beweisen, gleichzeitig wirtschaftlich sich abzusichern und dadurch sich in sozialer Hinsicht zu integrieren und zu etablieren.
"Opera Prima" versteht sich als Kontaktplattform zwischen der anerkannten künstlerischen Welt und der No-Name-Welt.
Franz Kafka war nie in Amerika, er hat es sich nur vorgestellt. Jeder hat sein eigenes Amerika, ein mentales Konstrukt einer exotischen Welt; für einige eineUtopie, für andere eine Dystopie - ein Bild, das zugleich durch die psychischen Mechanismen von Ausgleich und Übertragung therapeutische Wirkung haben kann. Madeleine ist mon Amerique à moi singt Jacques Brel über seine unerreichbare Geliebte. Zu Kafkas Zeiten war Amerika das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und Versprechungen, aber auch Zuflucht für alljene, die alles verloren haben. Der Autor hatte es sich wohl zur Aufgabe gemacht, gegen dieses Klischee anzurennen, indem er einen realistischen, nicht aber seinen besten Roman schrieb. Man spürt darin die polemische Absicht wider die landläufigen Bilder aus zweiter Hand. Diese Schwächen deutet die Dramatisierung von Geirun Tino, einem ursprünglich aus Braila, Rumänien, stammendem Wiener Regisseur zum Vorteil der Aufführung um. Anstelle der im Roman beschriebenen Konfrontation zwischen dem Ideal von Karl Roßmann und dem enttäuschenden wahrhaftigen Amerika, besteht hier der zentrale bühnensymbolische Konflikt in der geistigen Auffassung eines Emigranten versus der symbolischen eines Künstlers. Karl Roßmann frisch per Schiff gelandet, trifft auf einen Landsmann, ein Straßenmaler, der ihm buchstäblich ein durch Straßengemälde rekonstruiertes Amerika zu Füßen legt. Physisch schwebt das imaginierte Amerika über dem gezeichneten. Auf ein Blatt Papier, das fast den ganzen Boden des Bühnenraumes bedeckt, werden währende der Aufführung immer wieder Zeichnungen mit lockerer Hand hingeworfen, Skizzen, die wir leider nicht sehen können, wir können aber vermuten, dass sie an Saul Steinberg gemahnen — ein anderer Amerikaner dieser Provenienz.
Dazu steht die darüber hängende Amerikanische Flagge, die Stars & Stripes, als hätte sie Jasper Johns gemalt, in engem Kontrast. Mit präzisem Gestus und reich an Einfällen spielt Ip Wischin die Rolle des Straßenmalers, und baut vor uns einerseits seiltänzerisch, andererseits erbarmungslos sein Amerika, knapp und komplex zugleich im Ausdruck. Ali Nouri, der Interpret von Karl Roßmann, hält während der ganzen Aufführung einen in Verwunderung fixierten Ausdruck und kontrastiert so die faszinierende Mobilität seines Partners. Gemeinsam bilden die beiden ein Beckett’sches Duo wie Wladimir und Estragon, die in Godots Behausung angekommen sind, dort aber niemanden vorfinden. Obwohl ich selbst nicht gut Deutsch spreche, war mir die sehr präzise Sprachmodulation mit ihrer Differenzierung europäischer Tonalität und kultureller Anpassungsmühe deutlich zugänglich. Besonders bemerkenswert ist das Finale, in dem die Amerikanische Hymne „Star Spangled Banner" gesungen wird.
Die Aufführung lädt zur Reflexion über stilistische Grenzen einer heterogenen Darstellung ein, worin verschiedenste semiotische Elemente miteinander in Zusammenhang gebracht werden. Die Flagge auf der Vertikalen, die Zeichnungen, die auf der Horizontalen ausgeführt werden, die besonders reiche Gestik in der dritten Dimension, die expressive Sprache, die im Jetzt verankert ist, all dies baut eine Polyphonie wohldefinierter Stimmen und Gegenstimmen auf, insgesamt Theatermagie, die eine bestechende Aufführung ergibt.
Dass Kafkas Roman "Der
Verschollene"/"Amerika" unter zwei verschiedenen Titeln bekannt
werden sollte, ist bezeichnend für die Zwiespältigkeit des
Werkes. "Karl Roßmann aus Europa" wurde unter fragwürdigen
Umständen aus dem alten Kontinent ausgestoßen. Er trifft voll
nervöser Hoffnung in New York ein, vollkommen unvorbereitet für
die realen Erfordernisse eines Neuanfangs. Das allmähliche
Scheitern seines american dream, die Desillusionierung eines Lebens, das ihm
aufgezwungen wurde, ist bezeichnend für das vertraute
Schwergewicht in Kafkas Werk auf der passiven Hilflosigkeit des
Individuums, das die Maschinerie einer modernen Welt redundant
werden ließ.
Dies ist eine Geschichte, die mehr von Immigration, denn von
Emigration erzählt, eine Geschichte, die auf der Schwelle einer
Ankunft – nicht einer Abreise – stattfindet. Die Dramatisierung
des in Rumänien geborenen Geirun Tino dieses Romans für sein
Theater Pygmalion in Wien betont genau das von Anfang an. Der
Hintergrund, eine dünn gemalte, blasse amerikanische Flagge mit
Davidsternen (eigentlich Pentagrammen – Anmerkung des
Übersetzers) über den Streifen wirkt wie ein Echo der
überdimensionalen Leinwand am Boden, in zweien der Ecken derer
einander wie Freistilringer je ein Schemel und ein Koffer
gegenüber gesetzt sind. Sie suggerieren den Kontrast zwischen
der Reise eines Emigranten und der Angestammtheit eines
Eingeborenen. Diese beiden Requisiten repräsentieren die
Positionen, die von den beiden einzigen Schauspielern in diesem
Stück eingenommen werden. Roßmanns erste Begegnung in der Neuen
Welt findet mit einem Straßenmaler statt, welcher dabei ist, die
Freiheitsstatue eifrig abzumalen. Das ist ein gelungenes
Gleichnis: auf der tabula rasa eines Neuanfangs müssen beide ihr Leben
umgestalten. Dieser zweite Schauspieler nimmt allmählich eine
ganze Serie von gegensätzlichen Identitäten an, wobei er die
verschiedenen Charaktere repräsentiert, denen Roßmann begegnet.
Gleichzeitig bleibt er immer auch der Straßenmaler, der sehr oft
das Gesagte durch Zeichnungen unterstützt, wie um das Gesagte
noch zusätzlich mit Realität zu unterlegen. Zu Beginn gibt er
sich als Heizer zu erkennen, den wir in der Anfangsszene des Romans finden. Bald
nennt er sich Onkel Jakob,
und wird somit zu Roßmanns natürlicher Bezugsperson. Beständige
Schlaglichter erhellen den Kontrast zwischen der Alten und der
Neuen Welt. "Auf Mitleid darf hier keiner hoffen" betont der
Straßenmaler, der vom Publikum Kleingeld erbettelt, wie als ob
er damit seinen Standpunkt beweisen wolle. Roßmann hat keine
Hoffnung, seinen verlorenen Koffer wiederzufinden ("Hier sind
die Sitten auch anders"), und während einerseits seine Versuche,
ein deutsches Reiterlied zu übersetzen, kläglich scheitern, ist
es vielleicht umso vielsagender, dass der Straßenmaler
seinerseits nur wenig Englisch spricht, ein Zeichen von
Unfähigkeit, sich zu assimilieren und anzupassen.
Nach der Pause werden noch mehr Kunststücke mit der Identität
des letzteren gespielt. Waren wir zuvor verleitet worden, durch
die Augen von Roßmann Onkel Jakobs Identität als wahrhaftig
anzunehmen, so gibt er sich nun als Robinson zu erkennen, ein
irischer Emigrant. Dies ist etwas, was Roßmann nicht glauben
will. Immerwieder stammelt er den Namen des Onkels, als sei das
ein Tailsman gegen all seine Unsicherheiten — glücklicher über
eine tröstliche Lüge, denn über die harsche Wirklichkeit.
Roßmann verliert jedes Vertrauen in den Straßenmaler, er klagt
ihn an, seinen Koffer durchwühlt und im Speziellen ein
Familienfoto entwendet zu haben. Robinsons komische Versuche,
dieses Porträt auf seiner Leinwand nachzumalen, scheitern
natürlich und stehen einmal mehr für den unüberwindlichen Ozean
zwischen seiner Vergangenheit und seiner Zukunft.
Die letzte Szene führt uns zum Hotel Occidental. Roßmann hat
Arbeit als "Liftjunge" gefunden, aber ist schon wieder im
Begriffe, durch den Straßenmaler in seiner Rolle als
"Oberkellner" gefeuert zu werden. Die Identitätswechsel scheinen
hier gezielt verwirrend gestaltet zu sein. Als er angeklagt
wird, seinen Posten verlassen zu haben, protestiert Roßmann "es
muss [sich] […] um eine Verwechslung handeln". Der Straßenmaler
führt ein Telefonat mit Roßmanns Mutter und der Frau Oberköchin
in Personalunion, unter Verwendung einer Perücke spielt er so
auch die andere Seite des Telefonats, sodass Roßmann für die
Dauer des Telefonats gezwungen ist, zeitweilig den Standpunkt
des Oberkellners einzunehmen. Hier wird der spezielle Kafkaeske
Ton getroffen: der Protagonist ist verwirrt und wird durch
Umstände beeinflußt, die jenseits seiner Kontrolle liegen, so
sehr er sich auch bemüht, sich seine neue Identität in dieser brave new world zu
zimmern. Das Stück endet damit, dass Roßmann gekündigt und
verlassen wird. Alle seine Hoffnungen haben sich in nichts
aufgelöst, verkörpert durch die wechselnden Identitäten des
Straßenmalers, welcher lustvoll die Hymne vom star-spangled banner
singend abgeht. Als Sillhouette vor dem Hintergrund der
Amerikanischen Flagge stehend entlässt Roßmann einen letzten
Aufschrei, der von vielen der Kafka’schen Heroen stammen könnte:
"Ich hab genug gehabt".
Die Dramatisierung des Romans von Kafka wirft neue Fragen
bezüglich Genrespezifität auf, und führt zu individuellen
technischen Überlegungen. In einem Theaterstück ist man bar der
erzählerischen Möglichkeiten, die die Prosa bietet, weitgehend
auf Dialog und Gestik angewiesen. Kafkas karge Sprache aber
erlaubt diese Übersetzung wie auch Geirun Tino an anderer Stelle
bemerkt hat: "Meines Erachtens schrieb Kafka theatralischer als
Jelinek". Bestechende Fragen über gegenseitige Beeinflussung
werden aufgeworfen. Liegt die Tatsache, dass die Dialoge
unausweichlich an Beckett, Pinter oder Stoppard erinnern, bloß
an der Eigenschaft des Kafka’schen Einflusses auf diese, oder
hat sich der, das Stück Dramatisiernde im Rückwärtsgang durch
die Literaturgeschichte gelesen? Die beiden Schauspieler gehören
unverkennbar den Traditionen des double act des XX.
Jahrhunderts an, wie etwa Laurel und Hardy, Wladimir und
Estragon, Rosenkrantz und Guildenstern. Es gibt eine Menge
Vaudeville-artiger Komik in Bezug auf Roßmanns Kleidung, seinen
seriösen, aber schmutzigen Anzug, "der tatsächlich nur in Europa
möglich ist", sein Charlie Chaplin-Hut, seine überpolierten
Schuhe, die immerwieder ausgezogen werden müssen, um auf der
Malerleinwand gehen zu können, und die schließlich als
Ersatzobjekte herhalten müssen, repräsentativ für Requisiten,
die für offensichtliche Armut, aber auch für das Prinzip der zur
Tugend gemachten Not stehen [mother of invention]. Die Rollen
stellen ungeheure Anforderungen an die Schauspieler, aber es ist
eine Herausforderung, der beide mit Aplomb begegnen — ganz
speziell Ip Wischin als Straßenmaler, der das Gegenüber zu
Roßmanns Mann von der Straße verkörpert, und es dabei schafft,
die zahlreichen Identitäswechsel überzeugend zu vermitteln und
dennoch gleichzeitig stets der selbe verarmte Straßenmaler zu
bleiben, wobei er eine weite Palette von Registern zieht: vom
Komödiantischen (Rolf Harris, Marcel Marceau?) bis zum
beängstigend Brutalen. Man könnte sicherlich die Szenenauswahl
in Frage stellen, die getroffen wurde, Streichungen und
Weglassungen von Szenen und Personen: die Stelle im Oklahoma
Theater fehlt etwa zur Gänze, aber wenn man andererseits
bedenkt, dass der Roman ja in ein Theaterstück verwandelt wurde
— darüberhinaus mit einem sehr bewußten leading actor nach
Vaudevillemanier — so scheint diese Dramatisierung implizit in
der Struktur des Stückes selbst vorhanden zu sein. Es wäre
schließlich unflätig, die Sünden der Auslassung zu tadeln.
Vielmehr sollten wir die erfolgreiche Verknüpfung zu einem
Ganzen feiern, die zur provokativen Erneuerung eines oftmals
vernachlässigten Romans geführt hat.